Die Charttechnik (auch technische Analyse genannt) ist eine Methode, bei der der Kursverlauf einer Aktie, eines Index oder eines anderen Wertpapiers analysiert wird. Anders als die Fundamentalanalyse, die auf wirtschaftliche Daten und Kennzahlen setzt, betrachtet die Charttechnik allein die Kursentwicklung und Handelsvolumina. Sie beruht auf der Annahme, dass sich Trends und Muster im Kursverlauf wiederholen, und versucht, daraus Prognosen über die zukünftige Entwicklung abzuleiten. Die Charttechnik erfreut sich sowohl bei kurzfristigen Tradern als auch bei langfristig orientierten Anlegern großer Beliebtheit.
Wie funktioniert die Charttechnik und wie kann man sie einsetzen?
Die Charttechnik untersucht Kursmuster, Trends und bestimmte charttechnische Indikatoren, um Ein- und Ausstiegspunkte zu identifizieren. Mithilfe von Linien, Formationen und verschiedenen Parametern sollen Trends und mögliche Umkehrpunkte erkannt werden. Hier einige Beispiele, wie die Charttechnik eingesetzt wird:
- Trenderkennung: Die Charttechnik hilft dabei, Aufwärts- und Abwärtstrends zu identifizieren. Wer die Richtung des Trends kennt, kann seine Entscheidungen entsprechend anpassen.
- Timing: Anleger verwenden die Charttechnik, um den bestmöglichen Zeitpunkt für den Kauf oder Verkauf einer Aktie zu finden.
- Risiko-Management: Die Charttechnik bietet Tools, um Stop-Loss- und Take-Profit-Niveaus festzulegen und damit das Risiko zu kontrollieren.
Welche Aussagekraft hat die Charttechnik?
Die Charttechnik ist besonders nützlich, um kurz- bis mittelfristige Trends zu erkennen. Da sie auf Kursverläufen basiert, kann sie schnell auf Veränderungen im Markt reagieren. Allerdings gibt es Kritikpunkte:
- Subjektivität: Die Interpretation von Charts ist oft subjektiv. Verschiedene Analysten können denselben Chart unterschiedlich interpretieren.
- Fehleranfälligkeit: Charttechnik basiert auf historischen Kursen, die keine Garantie für die zukünftige Entwicklung bieten.
- Anfälligkeit für Marktveränderungen: Ereignisse wie Wirtschaftsdaten, politische Entscheidungen oder Naturkatastrophen können die Prognosen der Charttechnik plötzlich unbrauchbar machen.
Wichtige charttechnische Parameter und Formationen
- Die 200-Tage-Linie
Die 200-Tage-Linie ist der gleitende Durchschnitt der letzten 200 Handelstage und gilt als wichtiger Trendindikator. Sie zeigt, ob eine Aktie langfristig in einem Auf- oder Abwärtstrend liegt.
- Über der 200-Tage-Linie: Wenn der Kurs einer Aktie über der 200-Tage-Linie liegt, wird dies oft als Zeichen eines langfristigen Aufwärtstrends interpretiert. Anleger sehen dies oft als Kaufargument.
- Unter der 200-Tage-Linie: Wenn der Kurs unter der 200-Tage-Linie liegt, deutet dies auf einen Abwärtstrend hin. Viele Anleger nutzen dies als Verkaufssignal.
Die 200-Tage-Linie gilt als „psychologische Grenze“ und bietet Orientierung, vor allem für langfristige Anleger.
- Abwärtstrend
Ein Abwärtstrend ist eine Folge von fallenden Hoch- und Tiefpunkten. In der Charttechnik gilt ein Wertpapier als im Abwärtstrend, solange die Kurse kontinuierlich niedrigere Hoch- und Tiefpunkte bilden.
- Bedeutung: Ein Abwärtstrend signalisiert, dass die Verkaufsbereitschaft am Markt dominiert. Für Anleger bedeutet dies oft, dass sie ihre Positionen absichern oder verkaufen sollten, da der Wertpapierpreis vermutlich weiter fallen wird.
- Aufwärtstrend
Ein Aufwärtstrend liegt vor, wenn eine Aktie oder ein Index kontinuierlich höhere Hoch- und Tiefpunkte bildet. Ein intakter Aufwärtstrend deutet auf steigende Kurse hin.
- Bedeutung: Ein Aufwärtstrend wird von vielen Anlegern als Kaufargument betrachtet, da er auf eine positive Marktentwicklung hinweist. Solange die Aktie höhere Hochs und Tiefs bildet, wird oft von einer stabilen Aufwärtsbewegung ausgegangen.
- Kopf-Schulter-Formation
Die Kopf-Schulter-Formation ist ein Umkehrmuster, das einen Trendwechsel signalisiert. Sie besteht aus drei „Hügeln“: einem linken Hoch (Schulter), einem höheren Hoch (Kopf) und einem rechten Hoch, das niedriger ist als der Kopf (rechte Schulter).
- Bedeutung: Wenn die Kopf-Schulter-Formation nach einem Aufwärtstrend auftritt, kann dies ein Hinweis auf eine bevorstehende Trendumkehr sein. Fällt der Kurs unter die „Nackenlinie“ (eine horizontale Linie zwischen den beiden Schultern), wird dies oft als Verkaufssignal gewertet.
- Umgekehrte Kopf-Schulter-Formation: Diese Formation signalisiert eine Trendumkehr nach einem Abwärtstrend und deutet auf einen möglichen Kursanstieg hin.
- Charttechnisches Dreieck
Ein charttechnisches Dreieck ist ein Muster, das durch zwei sich annähernde Linien gebildet wird – eine aufsteigende und eine absteigende Linie, die den Kursverlauf „einfangen“. Es gibt verschiedene Arten von Dreiecken:
- Symmetrisches Dreieck: Dieses Dreieck bildet sich, wenn die Kurse immer engere Schwankungen aufweisen. Es deutet auf eine mögliche starke Kursbewegung hin, allerdings ohne klare Richtung.
- Aufsteigendes Dreieck: Ein aufsteigendes Dreieck weist auf eine stärkere Kaufbereitschaft hin und deutet oft auf einen bevorstehenden Ausbruch nach oben hin.
- Absteigendes Dreieck: Ein absteigendes Dreieck zeigt eine schwächere Nachfrage und eine höhere Verkaufsbereitschaft. Dies kann auf einen baldigen Kursrückgang hinweisen.
Kritische Betrachtung der Charttechnik
Die Charttechnik bietet zahlreiche Werkzeuge und Formationen, um den Markt zu analysieren. Allerdings ist ihre Anwendung mit Risiken verbunden und nicht unkritisch zu betrachten:
- Zuverlässigkeit: Die Charttechnik liefert keine Garantien, da sich Kursentwicklungen oft auch gegen den Trend entwickeln können.
- Subjektivität und Erfahrung: Die Interpretation von Chartmustern erfordert Erfahrung und ist oft subjektiv. Anfänger könnten sich durch Fehldeutungen schnell in die Irre leiten lassen.
- Psychologische Einflüsse: Da viele Marktteilnehmer die gleichen Charttechniken verwenden, können Kurse durch eine Art „Selbsterfüllende Prophezeiung“ beeinflusst werden, was nicht immer auf fundamentale Gegebenheiten zurückzuführen ist.
Fazit: Chancen und Grenzen der Charttechnik
Die Charttechnik kann Anlegern wertvolle Hinweise auf mögliche Kursbewegungen geben und Ein- sowie Ausstiegspunkte signalisieren. Besonders für kurzfristige Entscheidungen ist sie ein hilfreiches Instrument. Dennoch sollte sie nicht isoliert betrachtet werden. Eine fundierte Anlagestrategie kombiniert die Charttechnik mit Fundamentalanalyse und berücksichtigt auch externe Faktoren, die nicht aus Charts ablesbar sind. Anfänger sollten sich Zeit nehmen, die Grundlagen der Charttechnik zu erlernen und sie zunächst in Kombination mit anderen Analysemethoden anwenden.