Das Podcast-Interview mit Alexander Kovkar von ABO Energy behandelt die Herausforderungen und Chancen der internationalen Projektentwicklung im Bereich erneuerbarer Energien. ABO Energy, ehemals ABO Wind, agiert als Projektierer, nicht als Betreiber, von Wind- und Solarparks, zunehmend auch mit Batterie- und Wasserstoffspeichern. Ein Hauptthema ist die langwierige Genehmigungspolitik in Deutschland, die durch politische Maßnahmen verkürzt werden soll, jedoch weiterhin ein Hemmnis darstellt. Kovkars Ausführungen beleuchten die Wachstumstreiber durch den Klimawandel und die Energieunabhängigkeit, die Risiken durch Zinsentwicklungen und Rohstoffpreise, und die Strategie der internationalen Diversifizierung um diese Risiken zu mindern. Schließlich wird der Formwechsel von AG zu KGaA erläutert, um die langfristige, gründergeführte Unternehmensstrategie zu sichern.
NWW: Hallo und herzlich willkommen bei Nebenwertewelt – Der Podcast. Mein Name ist Carsten Müller, und heute sprechen wir über eine Branche, die einerseits zu den wichtigsten Trendthemen unserer Zeit gehört, andererseits aber erhebliche Herausforderungen zu meistern hat: die erneuerbaren Energien. Dabei soll es nicht nur um den deutschen Markt gehen, sondern auch um internationale Entwicklungen. Ich habe heute Alexander Kovkar von ABO Energy eingeladen, ein Unternehmen, das die Internationalisierung seines Geschäfts bereits erfolgreich vorangetrieben hat. Herzlich willkommen, Herr Kovkar!
Alexander Kovkar: Hallo, vielen Dank für die freundliche Begrüßung und die Einladung. Ich freue mich, hier zu sein.
NWW: Sehr gerne. Wir möchten heute über die grundlegenden Trends im Bereich der erneuerbaren Energien sprechen. Diese Branche ist inzwischen sehr breit aufgestellt – von Wind- und Solarenergie bis hin zu Themen wie Wasserstoff. Ihr Unternehmen, ABO Energy, ist eine Projektierungsgesellschaft. Können Sie für unsere Zuhörer erklären, was genau Ihre Aufgaben sind und wie die Entwicklung eines solchen Projekts abläuft?
Alexander Kovkar: Sehr gerne. Eine kleine Korrektur vorweg: Projektgesellschaften sind quasi unsere Produkte, also die fertigen Projekte, die wir dann an Betreiber verkaufen. Wir selbst sind eine Projektierungsgesellschaft. Das bedeutet, wir entwickeln und errichten Projekte wie Wind- und Solarparks, betreiben diese jedoch nicht selbst. Unsere Hauptaufgabe ist die Entwicklung dieser Projekte, und das ist ein komplexer und langwieriger Prozess, der in der Regel fünf Jahre oder mehr dauert. Es beginnt mit der Flächensicherung, bei der wir geeignete Standorte identifizieren und Nutzungsverträge mit den Grundstückseigentümern abschließen. Anschließend erstellen wir zahlreiche Gutachten, etwa zu Flora, Fauna, Lärmemissionen oder Schattenwurf. Für Windkraftanlagen beispielsweise sind die Anforderungen besonders hoch, da sie eine Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz benötigen. Das ist die gleiche gesetzliche Grundlage, die auch für Chemiefabriken gilt. Solarparks hingegen sind einfacher zu realisieren, da der Eingriff in die Umwelt geringer ist. Nach der Genehmigung folgt die Bauphase, die bei Windparks etwa zwei Jahre dauert. Anschließend verkaufen wir die schlüsselfertigen Projekte an Betreiber. In einigen Fällen verkaufen wir die Projekte bereits in einem früheren Stadium, also als Projektrechte, wenn beispielsweise die Genehmigungen vorliegen, aber der Bau noch nicht begonnen hat.
NWW: Die Politik spielt bei der Energiewende eine zentrale Rolle. Bundeskanzler Scholz hat beispielsweise angekündigt, die Genehmigungsdauer für Windparks deutlich zu verkürzen. Welche politischen Einflüsse sehen Sie aktuell als entscheidend für das Wachstum Ihrer Branche?
Alexander Kovkar: Die Politik hat einen erheblichen Einfluss auf unser Geschäft, sowohl national als auch international. Zwei große Themen prägen die erneuerbaren Energien derzeit: Erstens der Klimaschutz, der uns seit vielen Jahren begleitet, und zweitens die Energiesicherheit, die durch den Ukrainekrieg stark in den Vordergrund gerückt ist. Klimaschutz ist essenziell, um den CO₂-Ausstoß zu reduzieren und den Klimawandel abzumildern. Gleichzeitig zeigt die aktuelle geopolitische Lage, wie wichtig es ist, unabhängig von fossilen Rohstoffen wie Gas und Kohle zu werden. Dies hat unserer Branche einen zusätzlichen Schub gegeben, da erneuerbare Energien nicht nur umweltfreundlich, sondern auch wirtschaftlich stabilisierend wirken. Sie helfen, Energiepreise zu senken und unabhängiger von globalen Krisen zu werden. Deutschland ist hier schon weit: Über 50 % unseres Strombedarfs wird durch erneuerbare Energien gedeckt. Allerdings steigt der Strombedarf weiter – durch Elektromobilität, die Elektrifizierung von Heizsystemen und die Digitalisierung. Daher gibt es noch erhebliches Wachstumspotenzial, insbesondere für Projektentwickler wie uns.
NWW: Trotz der positiven Aussichten gibt es sicherlich auch Herausforderungen. Welche Risiken sehen Sie derzeit, beispielsweise durch das gestiegene Zinsniveau?
Alexander Kovkar: Das gestiegene Zinsniveau ist tatsächlich eine Herausforderung, da es die Finanzierungskosten für Projekte erhöht. Das kann sich negativ auf die Wirtschaftlichkeit von Projekten auswirken. Ähnlich verhält es sich mit steigenden Rohstoffpreisen, insbesondere bei Stahl, der ein zentraler Bestandteil von Windkraftanlagen ist. Zum Glück hat die Bundesregierung reagiert und die Höchstpreise in den Ausschreibungen um 25 % angehoben, um die negativen Effekte auszugleichen. Langfristig profitieren erneuerbare Energien jedoch von ihrer Kosteneffizienz. Sie sind bereits heute die günstigste Option zur Stromerzeugung – deutlich günstiger als neue Atomkraftwerke oder fossile Energieträger. Die technologische Entwicklung hat hier in den letzten Jahrzehnten enorme Fortschritte gemacht.
NWW: Kürzlich haben Sie sich von ABO Wind in ABO Energy umbenannt. Damit möchten Sie Ihren erweiterten Fokus auf Batterien und Wasserstoff reflektieren. Wo sehen Sie hier die größten Wachstumschancen?
Alexander Kovkar: Die Umbenennung war ein logischer Schritt, da unser Geschäft inzwischen weit über Windkraft hinausgeht. Neben Solarprojekten integrieren wir mittlerweile auch Batteriespeicher in unsere Energieparks. Diese ermöglichen es, überschüssigen Strom zu speichern und zu Zeiten mit hoher Nachfrage abzugeben. Das ist besonders wichtig, da die Stromerzeugung aus Solarenergie mittags Spitzen erreicht, während der Verbrauch oft erst abends steigt. Im Bereich Wasserstoff sehen wir großes Potenzial für die Zukunft. Grüner Wasserstoff kann nicht nur als Langzeitspeicher für erneuerbare Energien genutzt werden, sondern auch Industrieprozesse wie die Stahlproduktion dekarbonisieren. Wir arbeiten bereits an Demonstrationsprojekten und planen, in den nächsten Jahren größere Anlagen zu realisieren.
NWW: ABO Energy ist international breit aufgestellt, mit Projekten in Europa, Südamerika, Kanada und Afrika. Was sind die Vorteile und Herausforderungen dieser Diversifikation?
Alexander Kovkar: Die internationale Aufstellung diversifiziert unsere Risiken. Wir sind in 16 Ländern aktiv, was uns ermöglicht, in einem Markt voranzukommen, selbst wenn es in einem anderen gerade stockt. Ein gutes Beispiel ist Spanien, wo der Markt nach einer langen Durststrecke wieder boomt. Dank unserer vorausschauenden Investitionen in Flächen und Netzzugänge profitieren wir heute von diesem Aufschwung. Aktuell umfasst unsere Projektpipeline etwa 23 Gigawatt. Davon befinden sich 565 Megawatt in der Bauphase, und wir haben zahlreiche weitere Projekte in der Entwicklung. Neben der schlüsselfertigen Errichtung verkaufen wir auch Projektrechte, was uns zusätzliche Wachstumschancen bietet.
NWW: Ihre Finanzierungen sind ein wichtiger Faktor für Ihr Wachstum. Vor kurzem haben Sie einen Green Bond emittiert. Wofür wird das eingesammelte Kapital verwendet?
Alexander Kovkar: Das Kapital fließt direkt in die Entwicklung unserer Projekte. Wir nutzen es, um Flächen zu sichern, Gutachten zu erstellen und die Bauphasen vorzufinanzieren. Darüber hinaus stärkt die Anleihe unsere finanzielle Flexibilität, da sie von Banken ähnlich wie Eigenkapital bewertet wird. Langfristig planen wir, unser Gewinnniveau bis 2027 zu verdoppeln. In den letzten zwei Jahren haben wir Rekordergebnisse erzielt, und wir sind zuversichtlich, dieses Wachstum fortzusetzen.
NWW: Sie haben den Formwechsel von einer AG zur KGaA vollzogen. Warum wurde dieser Schritt unternommen, und welchen Einfluss hat er auf Ihr Unternehmen?
Alexander Kovkar: Der Formwechsel dient dazu, die langfristige Stabilität unseres Unternehmens zu sichern. Die Gründerfamilien Ahn und Bockholt behalten so die Kontrolle über die Geschäftsführung, auch wenn ihr Anteil durch zukünftige Kapitalerhöhungen sinkt. Diese langfristige Perspektive gibt unseren Partnern und Mitarbeitern Sicherheit und Vertrauen.
NWW: Das war ein sehr informativer Einblick in Ihre Arbeit und die erneuerbare Energiebranche. Vielen Dank, Herr Kovkar, für das Gespräch!
Alexander Kovkar: Vielen Dank, Herr Müller. Es war mir eine Freude!
NWW: Danke auch an Sie, liebe Zuhörer, fürs Einschalten. Bis zur nächsten Folge und alles Gute!