Es war ein Auftritt nach Maß: Nach Monaten der Zurückhaltung wagte sich in der zurückliegenden Woche der erste Börsenneuling auf das Frankfurter Parkett. Die PFISTERER Holding SE (DE000PFSE212) konnte dabei auf ganzer Linie überzeugen. Beim Börsendebüt im Scale-Segment lag der erste festgestellte Kurs mit 30 Euro und damit satte 11 Prozent über dem Ausgabepreis von 27 Euro. Im Tagesverlauf kletterte die Aktie des schwäbischen Elektrotechnik-Spezialisten sogar bis auf 31,25 Euro, bevor sie mit einem Plus von 11,5 Prozent bei 30,11 Euro aus dem Handel ging. Zum Wochenschluss standen auch noch die 30 Euro auf dem Kurszettel.
Pfisterer trotzt schwierigem Marktumfeld
In Zeiten schwankender Aktienmärkte, die größere Kandidaten wie Stada oder die Oldenburgische Landesbank von ihren Börsenplänen abgehalten haben, beweist der erfolgreiche Gang auf das Parkett großen Mut. Das Timing scheint perfekt: Das Winterbacher Familienunternehmen profitiert von globalen Megatrends wie erneuerbaren Energien und Dekarbonisierung. Mit seinen 1.200 Mitarbeitern entwickelt und produziert Pfisterer Produkte zur Verbindung und Isolierung elektrischer Leiter an Stromnetzschnittstellen – eine Schlüsselbranche in Zeiten der Energiewende.
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache. Im vergangenen Jahr setzte das Unternehmen 383,1 Millionen Euro um, 15 Prozent mehr als 2023. Das bereinigte operative Ergebnis (EBITDA) stieg sogar um 24 Prozent auf 64,4 Millionen Euro. Mittelfristig peilt das Management einen Umsatz von 665 bis 735 Millionen Euro an – bei steigenden Margen. Kein Wunder, dass Investoren Schlange standen.
Der Börsengang markiert einen bemerkenswerten Kontrast zur allgemeinen Zurückhaltung am IPO-Markt. Während in den USA die Börsentüren regelmäßig für Neuemissionen geöffnet werden, herrscht in Deutschland seit Monaten Flaute. Umso bemerkenswerter ist der Erfolg des schwäbischen Unternehmens, das sich bewusst für den heimischen Kapitalmarkt entschieden hat.
Frisches Kapital für ambitionierte Wachstumspläne
„Wir sind mit unserem Börsendebüt sehr zufrieden“, erklärte Vorstandssprecher Johannes Linden beim Börsengong. Die Platzierung von knapp 7 Millionen Aktien zu je 27 Euro brachte ein Gesamtvolumen von rund 188 Millionen Euro. Davon fließen etwa 95 Millionen Euro als Bruttoemissionserlös direkt in die Firmenkasse. Mit diesem frischen Kapital will Pfisterer sein Wachstum beschleunigen und unter anderem Produktionskapazitäten in Deutschland und im Ausland ausbauen sowie in neue Technologien investieren – insbesondere im Bereich der Hochspannungs-Gleichstrom-Technik.
Bemerkenswert ist auch die Zuteilung für Privatanleger: Rund 3 Prozent des gesamten Platzierungsvolumens gingen an diese Investorengruppe, wobei Aufträge bis zu 25 Aktien vollständig zugeteilt wurden. Für darüber hinausgehende Stückzahlen erhielten Anleger etwa 20 Prozent der bestellten Menge, bei einer Obergrenze von 500 Aktien. Die „Grundsätze für die Zuteilung von Aktienemissionen an Privatanleger“ der Börsensachverständigenkommission wurden dabei strikt eingehalten – ein Signal für einen fairen und transparenten Prozess. Aber auch womöglich die Grundlage für weiter steigende Kurse aufgrund starker Nachfrage von Investoren, die bei diesem Value-Wert bislang zu kurz gekommen sind.
Signalwirkung für den deutschen Kapitalmarkt
Die Deutsche Börse dürfte diesen IPO-Erfolg besonders aufmerksam registrieren. In den vergangenen Wochen hatte der Frankfurter Börsenbetreiber verstärkt für heimische Notierungen geworben und potenzielle Emittenten vor den Risiken eines US-Börsengangs gewarnt. In einem Strategiepapier, das an deutsche Unternehmen und IPO-Berater verteilt wurde, wies die Deutsche Börse auf die Nachteile einer US-Notierung hin: schwächere Kursentwicklung, höhere Kosten und erhöhte Klagerisiken.
Der Fall Pfisterer zeigt nun, dass auch im Freiverkehrssegment „Scale“ erfolgreiche Börsengänge möglich sind. Obwohl das Unternehmen dort gelistet ist, hält es sich freiwillig an die strengeren Regeln des Prime Standard – ein Zeichen für Transparenz und Qualität, das bei Investoren gut ankam.
Mit einer Marktkapitalisierung von inzwischen über 540 Millionen Euro und einem Streubesitz von 38,5 Prozent ist der Börsengang gelungen – der Rest der Anteile verbleibt in den Händen der Familienaktionäre Karl-Heinz Pfisterer und Anna Dorothee Stängel. Diese Struktur verbindet die Vorteile der Kapitalmarktfinanzierung mit der Stabilität einer langfristig orientierten Familiengesellschaft.
Dr. Konstantin Kurfiss, Vorstand der PFISTERER Holding SE, bezeichnete den Börsengang als „wichtigen Meilenstein unserer Unternehmensgeschichte“. Die Frankfurter Wertpapierbörse sei als eine der wichtigsten Börsenplätze in Europa genau die richtige Plattform für Pfisterer.
Ausblick: Wachstum im Zeichen der Energiewende
Als Anbieter von Schlüsseltechnologien für die Elektrifizierung segelt Pfisterer im Rückenwind globaler Trends. Die Energiewende, der Ausbau erneuerbarer Energien und die zunehmende Elektrifizierung in vielen Lebensbereichen schaffen eine robuste Nachfrage nach den Lösungen des Unternehmens.
Seit seiner Gründung im Jahr 1921 hat sich Pfisterer als Vorreiter für moderne Energieinfrastruktur etabliert. Mit 17 Betriebsstätten in 15 Ländern ist das Unternehmen global aufgestellt und kann von internationalen Infrastrukturprojekten profitieren. Die Emissionserlöse sollen nun gezielt in weiteres Wachstum investiert werden – eine Strategie, die auch an der Börse auf Zustimmung stößt.
Die gelöste Stimmung auf dem Frankfurter Parkett war deutlich zu spüren. Nach monatelanger Flaute könnte dieser erfolgreiche Börsengang genau das richtige Signal für den deutschen Kapitalmarkt sein und möglicherweise weitere Unternehmen ermutigen, den Schritt aufs Parkett zu wagen.
Für Anleger bietet die Pfisterer-Aktie jedenfalls eine interessante Möglichkeit, an den Wachstumstrends der Energiewende zu partizipieren. Der erfolgreiche Börsenstart spricht für das Vertrauen der Investoren in die Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells. Ob die ambitionierten Wachstumsziele erreicht werden können, bleibt natürlich abzuwarten – aber der erste Schritt auf dem Parkett ist definitiv geglückt.