Das Audio-Podcast-Interview behandelt das deutsche Cybersecurity-Unternehmen Zyan und dessen Vorstandschef Thomas Kicker. Zyan fokussiert sich auf den Schutz von Konsumenten und kleinen Unternehmen vor Cyberangriffen, insbesondere Phishing, Ransomware und Malware, mittels Softwarelösungen. Ein wichtiger Wettbewerbsvorteil ist laut Kicker die europäische Herkunft des Unternehmens, welche Vorteile beim Datenschutz bietet. Zyan nutzt künstliche Intelligenz, um Cyberbedrohungen zu identifizieren und plant weiteres Wachstum durch strategische Partnerschaften mit Telekommunikationsanbietern und anderen Branchen (z.B. Versicherungen). Das Interview beleuchtet auch die aktuelle finanzielle Situation Zyans, einschließlich des starken Umsatzwachstums und der angestrebten Profitabilität, sowie die mittel- und langfristigen Ziele des Unternehmens, insbesondere die globale Marktführerschaft im Bereich Phishing-Schutz.
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NWW: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Nebenwertewelt – Der Podcast. Mein Name ist Carsten Müller, und heute sprechen wir über ein Thema, ohne das die technologische Revolution, die wir derzeit erleben, kaum in diesem Umfang möglich wäre: Cybersicherheit. Ohne entsprechende Sicherheitssysteme wären der Siegeszug mobiler Zahlungsmöglichkeiten, das massive Cloudwachstum und viele andere Bereiche kaum denkbar.
Natürlich wird das Thema Cybersicherheit vor allem von amerikanischen Firmen dominiert, aber auch Deutschland hat einige interessante Vertreter, die spannende Wachstumsstorys vorzuweisen haben. Einer dieser Vertreter ist Zyan, und ich freue mich, heute mit dem Vorstandschef Thomas Kicker über den aktuellen Stand und die Perspektiven seines Unternehmens zu sprechen. Herzlich willkommen, Herr Kicker!
Thomas Kicker: Danke, Herr Müller, für die Einladung. Ich freue mich sehr.
NWW: Damit alle Zuhörer auf dem gleichen Stand sind: Können Sie kurz erklären, was Zyan genau macht?
Thomas Kicker: Sehr gerne. Unsere Verantwortung liegt darin, das digitale Leben sicherer zu machen. Wir spezialisieren uns darauf, Konsumenten und kleine Unternehmen vor Phishing, Ransomware und Clickjacking zu schützen. Diese Bedrohungen hängen stark mit Social Engineering zusammen, das laut Gartner in den nächsten Jahren 99 % der Auslöser für Cyberattacken sein wird. Wir sind eine Softwarefirma, die genau in diesem Bereich Lösungen entwickelt.
NWW: Gibt es neben diesem Schwerpunkt noch andere Bereiche, in denen Sie aktiv sind?
Thomas Kicker: Bis vor kurzem hatten wir eine zweite Geschäftssparte im Bereich MVNO – also mobile virtuelle Netzwerke, die es ermöglichen, Mobilfunkanbieter zu sein, ohne ein eigenes Netzwerk zu besitzen. Diesen Bereich haben wir Ende letzten Jahres verkauft, um uns voll auf Cybersicherheit und insbesondere auf Phishing-Protection zu konzentrieren. Das ist seit 15 Jahren unser Kernfokus.
NWW: Sie erwähnten, dass der Bereich Cybersicherheit stark von amerikanischen Firmen dominiert wird. Wo sehen Sie Zyan im nationalen und internationalen Wettbewerb?
Thomas Kicker: Wir sind stolz darauf, ein europäisches Unternehmen zu sein. Unsere Daten, Ingenieure und Server befinden sich alle in Europa, was uns in Sachen Datenschutz einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Europa hat die strengsten Auflagen, und wir können unseren Kunden hier maximale Sicherheit garantieren. Auch international wird zunehmend erkannt, wie wichtig Regulierung und die Herkunft eines Anbieters sind, etwa im Vergleich zu asiatischen oder russischen Anbietern. Das gibt uns einen klaren Vorteil.
NWW: Wie entwickelt sich Zyan technologisch weiter? KI ist ja mittlerweile ein großer Faktor, auch bei Cyberkriminellen.
Thomas Kicker: Absolut. Unsere Hauptaufgabe besteht darin, das Internet zu analysieren und gute von schlechten Links zu unterscheiden. Dafür nutzen wir schon seit Jahren Künstliche Intelligenz, beispielsweise Open-Source-Modelle wie BERT zur Texterkennung oder Convolutional Neural Networks für die Bildanalyse. Unsere KI-Modelle helfen uns, Webseiten zu kategorisieren, z. B. ob sie Gewalt, Glücksspiel oder Phishing enthalten. Das ist wichtig, da Cyberkriminelle KI nutzen, um Angriffe zu automatisieren und täuschend echt zu machen. Unsere Aufgabe ist es, einen Schritt voraus zu sein.
NWW: Wer sind Ihre Hauptkunden, und wie entwickeln sich Ihre Zielgruppen?
Thomas Kicker: Unsere Technologie wird hauptsächlich über Telekommunikationsanbieter an Endkunden vertrieben. Wir integrieren unsere Filter direkt in die Netzwerke oder Geräte wie Smartphones und Laptops. Zunehmend arbeiten wir auch mit Versicherungen und Banken zusammen, um deren Kunden vor Phishing zu schützen. Gerade Banken haben hier großen Bedarf, da die Angriffe immer ausgefeilter werden. Durchschnittlich wird jeder in Europa einmal täglich Ziel einer Phishing-Attacke – die Bedrohung ist enorm.
NWW: Vor ein paar Tagen haben Sie Ihre Halbjahreszahlen 2024 veröffentlicht. Sie zeigen ein Umsatzwachstum von 55 %, aber weiterhin ein negatives EBITDA von 1,1 Millionen Euro. Woran liegt das?
Thomas Kicker: Wir haben eine starke Transformation hinter uns. Mit dem Verkauf unserer verlustbringenden MVNO-Sparte haben wir einen großen Schritt gemacht. Anfang des Jahres mussten wir noch Einmalkosten für Bilanzabschlüsse und andere Prozesse tragen. Gleichzeitig wachsen wir stark im Kerngeschäft: 95 % unserer Umsätze sind wiederkehrende Einnahmen. Mit dem Kundenwachstum und der stabilisierten Kostenbasis gehen wir auf einen klaren Weg in Richtung Break-even.
NWW: Was wird aktuell besonders nachgefragt – klassische Lösungen oder neue KI-gestützte Ansätze?
Thomas Kicker: Endkunden interessiert weniger, ob KI dahinter steckt, sondern ob es einfach und wirksam ist. Unser Ziel ist es, die Menschen besser zu schützen, denn jeder ist gefährdet. Social Engineering wird der Hauptauslöser für Attacken, und niemand ist davor gefeit. Unsere Technologie hilft, den Faktor Mensch als Schwachstelle zu minimieren.
NWW: Was erwarten Sie für das zweite Halbjahr? Bleibt das Wachstum so dynamisch?
Thomas Kicker: Wir erwarten, dass sich der Trend fortsetzt. Besonders durch neue Partnerschaften mit Telekommunikationsanbietern – etwa in Südamerika und Nordamerika – sehen wir großes Potenzial. Wenn diese Partner unser Produkt an Millionen Kunden ausrollen, führt das zu nachhaltigem Wachstum.
NWW: Lassen Sie uns zum Abschluss einen Blick auf die mittelfristigen Ziele werfen. Wo sehen Sie Zyan in fünf Jahren?
Thomas Kicker: Unser Ziel ist es, in fünf Jahren der globale Marktführer im Bereich Phishing-Protection zu sein. Wir wollen vor allem den Mittelstand und Endkunden schützen, die oft keine eigene IT-Abteilung haben. Wir konzentrieren uns darauf, die besten Lösungen für Phishing und Social Engineering bereitzustellen und unsere Marktführerschaft weiter auszubauen.
NWW: Wie wichtig ist die Börsennotierung für Ihre Unternehmensstrategie?
Thomas Kicker: Die Börsennotierung ist wichtig, um Transparenz zu zeigen und Vertrauen bei Mitarbeitern, Kunden und Investoren zu schaffen. Wir haben in der Vergangenheit einige Fehler gemacht, aber mittlerweile eine klare Strategie und starke Wachstumszahlen. Der Markt muss jedoch offen für Wachstumsunternehmen wie uns sein, um das volle Potenzial auszuschöpfen.
NWW: Ein gutes Schlusswort. Herr Kicker, herzlichen Dank für das Gespräch. Wir bleiben dran und freuen uns auf weitere Neuigkeiten zu Ihrem Unternehmen!
Thomas Kicker: Vielen Dank, Herr Müller. Gerne wieder!
NWW: Vielen Dank auch an Sie, liebe Zuhörer! Bis zur nächsten Folge und alles Gute. Tschüss!