Die elumeo SE (ISIN DE000A11Q059) hat umfangreiche Maßnahmen zur Kostensenkung beschlossen. Die daraus resultierenden Einsparungen beziffert der führende elektronische Einzelhändler für Edelsteinschmuck in Europa auf rund 5,9 Mio. Euro pro Jahr. Zudem haben die Berliner angekündigt, kurzfristig Schadensersatzansprüche in zweistelliger Millionenhöhe wegen überhöhter Einspeiseentgelte im deutschen Kabelnetz geltend zu machen.
Die Redaktion von www.nebenwertewelt.de sprach mit elumeo-CEO Florian Spatz über das umfassende Restrukturierungsprogramm, den gesteigerten Einsatz von Künstlicher Intelligenz und die weiteren Perspektiven im internationalen Geschäft:„Wir sehen die Krise als Chance, effizienter und wettbewerbsfähiger zu werden.“
NWW: Herr Spatz, die elumeo SE hat am 31. März umfangreiche Maßnahmen zur Kostensenkung angekündigt, inklusive einer Anpassung der Personalkapazitäten. Was waren die Gründe dafür?
Florian Spatz: Der Wegfall des Nebenkostenprivilegs bei Kabelnetzbetreibern hat die Verbreitungskosten pro Haushalt signifikant erhöht, was unser Live-Geschäft im deutschen Markt stark unter Druck gesetzt hat. Da diese Kosten im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld nicht vollständig an die Kunden weitergegeben werden können, mussten wir handeln. Die Verhandlungen mit Kabelnetzbetreibern über eine Senkung der Verbreitungskosten waren leider nicht erfolgreich.
NWW: Sie haben das bestehende Vergütungsmodell auch kartellrechtlich prüfen lassen.
Florian Spatz: Richtig, wir haben dies prüfen lassen und festgestellt, dass die Einspeiseentgelte ins Kabelnetz überhöht und nicht gerechtfertigt sind. Nach eingehender Prüfung kamen drei unabhängige Gutachten von renommierten Anwaltskanzleien zu dem Ergebnis, dass die elumeo SE einen Anspruch auf Absenkung der Entgelte in der Zukunft sowie auf Schadensersatz in zweistelliger Millionenhöhe für zu viel gezahlte Entgelte in der Vergangenheit hat. Nun planen wir, diese Schadensersatzansprüche geltend zu machen, um die finanziellen Belastungen teilweise zu kompensieren. Unser Ziel ist es, durch die jetzt beschlossenen Maßnahmen die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens langfristig zu sichern.
Welche konkreten Einsparmaßnahmen wurden beschlossen?
Florian Spatz: Wir haben ein umfassendes Restrukturierungsprogramm entwickelt, um die Kosten signifikant zu senken. Konkret bedeutet das die Reduktion des täglichen Live-Sendebetriebs von 15 auf 10 Stunden. In den verkürzten Sendezeiten setzen wir auf vollautomatisch erstellte Inhalte, die aus bereits produziertem Material generiert werden. Zudem konzentrieren wir uns verstärkt auf Schmuck im Preissegment ab 50 Euro, um die Margen zu verbessern. Ein weiterer wesentlicher Teil des Programms ist die Reduzierung der Personalkapazitäten: So hart uns dieser Schritt auch gefallen ist, aber wir mussten in diesem Zuge knapp 50 Vollzeitstellen abbauen. In Summe ermöglichen uns diese Schritte eine jährliche Kosteneinsparung von rund 5,9 Millionen Euro. Dabei setzen wir auf Digitalisierung und den gesteigerten Einsatz von Künstlicher Intelligenz, um effizienter zu arbeiten.
Sie sprechen die Digitalisierung an, welche Rolle spielt diese konkret zur weiteren Effizienzsteigerung?
Florian Spatz: Wir haben frühzeitig auf Digitalisierung und Künstliche Intelligenz gesetzt und auch jetzt sind sie wesentliche Treiber unserer Umstrukturierung. Durch automatisierte Prozesse können wir viele manuelle Tätigkeiten reduzieren und gleichzeitig die Effizienz steigern. Beispielsweise nutzen wir KI-basierte Technologien, um Sendungen aus vorhandenem Content zu erstellen und in verschiedenen internationalen Märkten auszuspielen. Auch interne Prozesse wie die Verwaltung und Content-Erstellung profitieren stark von den digitalen Innovationen. Dies ermöglicht uns nicht nur Kosteneinsparungen, sondern auch eine flexiblere Anpassung an Marktveränderungen.
Wie wirkt sich die Situation auf die internationalen Sendefenster aus?
Florian Spatz: Trotz der Restrukturierung setzen wir unsere Internationalisierungsstrategie fort. Besonders die Sendefenster in Spanien und Italien entwickeln sich positiv, und wir erwarten hier weiteres Wachstum. Mit unserer Multi-Language-Plattform können wir deutsche Live-TV-Shows per KI in andere Sprachen übersetzen und international ausstrahlen. Das reduziert die Produktionskosten erheblich. Wir planen, Juwelo TV im zweiten Quartal 2025 in Polen zu starten, was einen weiteren wichtigen Schritt darstellt. Auch die Niederlande sind in der Planung für 2025.
Gab es auch Rückschläge im internationalen Geschäft?
Florian Spatz: Ja, die Sendefenster in Frankreich mussten wir wieder einstellen, da die Skalierungseffekte nicht den Erwartungen entsprachen Zudem haben wir uns entschieden, die Weiterentwicklung der Jooli-Plattform im indischen Markt zu stoppen. Der Fokus liegt nun auf Regionen, die eine höhere Wachstumsdynamik aufweisen. Wir konzentrieren uns verstärkt auf Europa, da hier das Potenzial durch die Nutzung bestehender Infrastruktur und die Sprachübersetzung mittels KI erheblich ist.
Operativ haben Sie Ihre Ziele für 2024 verfehlt.
Florian Spatz: Angesichts der allgemeinen Marktbedingungen mussten wir die Prognose 2024 leicht nach unten anpassen. Wir rechnen mit einem leichten Umsatzrückgang und einem bereinigten EBITDA von bis zu -1 Mio. Euro. Das Wachstumsprogramm #Juwelo100 verschiebt sich um bis zu drei Jahre, da wir momentan weniger in internationale Sendefenster investieren können. Dennoch bleiben wir zuversichtlich, dass die getroffenen Maßnahmen die Grundlage für die Rückkehr zu profitablem Wachstum bilden.
Welche Chancen sehen Sie trotz der aktuellen Herausforderungen?
Florian Spatz: Wir sehen großes Potenzial in der Internationalisierung, insbesondere durch die Nutzung unserer Multi-Language-Plattform. Diese ermöglicht uns, deutsche Shows ohne hohen Produktionsaufwand international verfügbar zu machen. Zudem hat die Digitalisierung nicht nur Kostenvorteile, sondern schafft auch neue Vertriebsmöglichkeiten, die wir in Zukunft noch stärker ausbauen wollen. Wir sehen die Krise als Chance, effizienter und wettbewerbsfähiger zu werden.
Wie gehen Sie persönlich mit diesen Herausforderungen um?
Florian Spatz: Solche Entscheidungen zu treffen, fällt natürlich nie leicht, insbesondere wenn es um den Abbau von Arbeitsplätzen geht. Doch die aktuellen Rahmenbedingungen machen diese Maßnahmen unausweichlich. Es ist die Verantwortung von uns als Management, das Unternehmen auch in schwierigen Zeiten stabil zu führen und zukunftsfähig zu gestalten. Ich bin zuversichtlich, dass wir durch die Maßnahmen wieder auf einen stabilen Wachstumspfad zurückkehren werden.
NWW: Herr Spatz, herzlichen Dank für das Gespräch.