Interview mit Boris Polenske, Vorstandschef 123fahrschule
NebenwerteWelt: Herr Polenske, Sie hatten ja eine sehr intensive Woche hinter sich bringen müssen. Da wollen wir die einzelnen Themenkomplexe heute noch mal kurz besprechen und natürlich auch, wie es mit 123fahrschule in der näheren Zukunft weitergehen kann. Wir fangen mit dem Quartalsbericht an, zum dritten Quartal bzw. zu den zurückliegenden neun Monaten. Sie hatten einen Rekordumsatz im dritten Quartal gemeldet von 5,7 Millionen Euro, insgesamt einen Umsatzzuwachs in den ersten neun Monaten um acht Prozent. Wo kam das Wachstum her und wie sieht es denn mit der Profitabilität aus?
Boris Polenske: Das Wachstum kommt organisch aus den operativen Gesellschaften. Wir sind sowohl in der Fahrlehrerausbildung etwas gewachsen und wir sind auf einzelnen Standorten gewachsen. Es ist aber auch die allgemeine Preisentwicklung beim Führerschein. Wir müssen halt letztendlich auch immer wieder Preise anheben und es ist ein Mix aus verschiedenen Bereichen. Aber wir haben in den letzten zwölf Monaten keine großen Standortausbauten mehr vorgenommen.
NEBENWERTEWELT: In den letzten Wochen gab es auch noch ein anderes Thema. Es geht um die Novelle der Fahrschulausbildung. Jetzt hat das Bundesverkehrsministerium wie auch von Ihnen erwartet, dies auf den Weg gebracht. Was bedeutet das für Sie geschäftlich?
BORIS POLENSKE: Also für uns ist diese Novelle ein wichtiger Meilenstein. Wir erwarten, dass das Thema Simulator für das gesamte Thema Schaltkompetenz zugelassen wird. Das bedeutet, dass wir im praktischen Ausbildungsbetrieb komplett auf Schaltfahrzeuge verzichten können. Wir können damit unsere Flotte um ungefähr 20, 25 Prozent mindestens reduzieren, was eine Gesamtersparnis fürs nächste Jahr auf die aktuelle Flotte von ungefähr von 400.000 Euro wäre.
Jetzt kommt das Ganze erst voraussichtlich 2026, aber das ist für uns ein ganz spannendes Thema, der Simulator, aber auch das Thema Online-Theorie. Wir haben in Deutschland einen massiven Fahrlehrermangel, der sich entsprechend auch in den nächsten Jahren weiter verschärfen wird. Und beide Themen helfen uns, sich digitaler aufzustellen und quasi auch den prozentualen Anteil der Personalkosten an der Gesamtleistungsunternehmens entsprechend etwas zu reduzieren. Also eine sehr, sehr wichtige Änderung für uns.
NEBENWERTEWELT: Sie hatten bereits einen Simulator-Hersteller übernommen. Wie ist denn da der Stand der Dinge?
BORIS POLENSKE: Also wir integrieren bzw. haben das Produkt jetzt in unsere Systeme integriert. Das heißt, wir haben den Simulator, die Software überarbeitet, haben sie in unsere IT-Backend-Systeme, unser Internet-Cloud-System integriert. Das funktioniert sehr gut. Wir warten jetzt auf die finalen Voraussetzungen für Simulatoren in Deutschland. Da müssen wir aber ein bisschen aufpassen, nicht, dass die Politik sagt, okay, der muss jetzt einen 43-Zoll-Monitor haben. Wir haben aber nur einen 42-Zoll-Monitor. Deshalb sind wir da derzeit ein bisschen verhalten unterwegs.
Aber das Thema LKW-Simulatoren läuft sehr gut. Wir hatten in Dortmund eine interne Messe, wo wir eine sehr gute Nachfrage auch nach LKW-Simulatoren gehabt haben. Was das Thema Ausland betrifft, sind wir an verschiedenen Projekten dran. Aber im Hinblick auf die wachsende Bedeutung des Simulators in Deutschland haben wir uns jetzt, was die Softwareentwicklung betrifft, erst mal auf den deutschen Markt konzentriert. Aber wir haben in der Vergangenheit schon nach Saudi-Arabien, nach Dubai Simulatoren ausgeliefert.
NEBENWERTEWELT: Wenn wir schon über die politischen Einflüsse und Weichenstellungen reden, dann müssen wir auch vielleicht noch ein, zwei Worte darüber verlieren. Jetzt ist das Aus der Ampelregierung besiegelt. Haben Sie da irgendwelche Kontakte oder News, dass trotzdem die genannte Novelle weiter vorangetrieben wird, vielleicht auch von den zukünftigen politischen Akteuren? Oder gibt es da vielleicht Risiken?
BORIS POLENSKE: Also die Novelle der Fahrschulausbildung ist primär eine Verordnung. Und eine Verordnung muss nur durch den Bundesrat. Das heißt, wir sind jetzt nicht auf den Bundestag angewiesen. Wir sind aber, ich habe gestern noch mit dem Bundesverkehrsministerium telefoniert, darauf angewiesen, dass der Verkehrsminister eine gewisse Unterschrift tätigt. Und es sollte eben der, wie nennt man das so genau, der amtierende sein und nicht der geschäftsführende Verkehrsminister.
Das Thema Führerscheinkosten wurde auch gerade von der CDU sehr stark in den letzten Monaten auf die politische Agenda gebracht. Also wir sehen da jetzt eigentlich keine inhaltlichen Gefahren. Nur auf der Zeitachse ist das gerade etwas schwierig. Aber wir hoffen, dass wir dieses Jahr die Unterschrift noch bekommen vom Verkehrsminister. Und dann sind mir die Neuwahlen auch dann egal in dem Sinne.
NEBENWERTEWELT: Anfang der Woche war Aufsichtsratssitzung bei Ihnen. Und da wurde die Strategie 2027 verabschiedet. Was sind denn da die Kernpunkte?
BORIS POLENSKE: Genau, wir hatten uns schon im Sommer darauf verständigt, dass wir auf 70 Filialen hochwollen, dass wir relativ zügig 20 neue Filialen in Kernstädten wie Berlin, Hamburg und Köln eröffnen wollen. Daran ändert sich nichts. Das ganze Thema läuft so weit im Plan. Bei der Strategie 2027 bin ich gerade dabei, die Präsentation auch für den Kapitalmarkt zu finalisieren, es geht es darum, wie wir uns in Zukunft auch, was die angesprochene Novelle betrifft, aufstellen wollen. Wir wissen, dass letztendlich ein Drittel der Fahrlehrer in den nächsten fünf Jahren voraussichtlich in den Ruhestand geht.
Das heißt, wir müssen zwangsweise den Teil der Ausbildung auf den Simulator verlagern, weil wir sonst im Gesamtmarkt gar keine Chance haben, überhaupt die Schüler abzuarbeiten. Und im Rahmen dieser Strategie 2027, und deshalb haben wir auch angekündigt, eine Wandelanleihe zu platzieren, geht es darum, die Simulator-Software und auch unseren Theorieausbildungsteil so zu verbessern, dass wir als Ziel für die Zukunft ungefähr die Hälfte der Praxisausbildung auf den Simulator verlagert bekommen. Das würde uns auf der Ergebnisseite deutlich helfen, weil wir weniger abhängig sind von Personalkosten.
Und da geht es eben darum, diese Softwareentwicklung jetzt insbesondere im nächsten Jahr voranzutreiben, um eben das Simulator-Produkt besser zu machen als der Wettbewerb und als es entsprechend heute auch ist. Es ist heute schon gut. Ja, wir denken, dass unsere Software, ich habe mir auf der Verbandsmesse in den letzten Tagen nochmal die Wettbewerbsprodukte angesehen. Ich denke, dass wir hier wirklich ein wirklich marktführendes Produkt heute schon haben. Aber wir müssen es, um den Fahrlehrer noch stärker zu entlasten, in Zukunft noch besser machen. Und wir werden dann eben schauen, dass wir eben auch dieses Simulator-Produkt weiter im Markt anbieten.
NEBENWERTEWELT: Zum Schluss nochmal die kurze Frage jetzt nach den neuen Monatszahlen. Wie liegen Sie da im Plan für das Gesamtjahr? Wo sind da jetzt Ihre konkreten Ziele oder gibt es auch vielleicht schon Planungen für 2025?
Also der Planungsprozess 2025 läuft mit Hochdruck, auch im Hinblick auf die Gesetzesänderungen, die anstehen. Wir sind insgesamt ganz gut im Plan. Wir hätten uns im Bereich der Lkw-Ausbildung etwas mehr Umsatz erhofft. Da hatte ich durchaus mit ein bisschen mehr Potenzial gerechnet. Da hängt aber natürlich am Tropf der Bildungsgutscheine und an der Verfügbarkeit von Menschen, die Lkw-Fahrer werden wollen.
Im B-Segment, also im Privatkundengeschäft, sind wir gut auf Plan, bei der Fahrlehrerausbildung auch. Ergebnistechnisch hatten wir einige Sondereffekte in diesem Jahr durch die Wertberichtigungen. Da hätten wir uns noch ein bisschen mehr erwartet für dieses Jahr, aber insgesamt sind wir da zufrieden. Vor allem beim Thema Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit, der war in Q3 noch mal besser als in Q1 und Q2. Da sehen wir, dass es in die richtige Richtung läuft und da gehe ich auch davon aus, dass wir uns auch gerade nächstes Jahr noch mehr auf der Effizienzebene bessern können.
NEBENWERTEWELT: Herr Polenske, vielen Dank für das Gespräch.
(Das Interview wurde am 08.11.2024 durch Carsten Müller geführt)